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Betäubungsloses Schächten in Belgien. Der Schlachthof von Eupen

 

Vorbemerkung

Das Ausmaß des Schächtens ohne Betäubung hat sich innerhalb der Europäischen Union unterschiedlich entwickelt. Betroffen nimmt man zur Kenntnis, wie das eine und andere Land hinter anderen beim Schutz der Tiere zurückgeblieben ist. Zu den Ländern mit Nachholbedarf gehört Belgien, insbesondere hinsichtlich des Schächtens. Dort ist es besonders dringlich, wenigstens das rechtliche und faktische Tierschutz-Niveau Deutschlands und anderer EU-Mitgliedstaaten zu erreichen - so unzureichend es dort auch (noch) ist.

Geht es doch darum, endlich eine EU-einheitliche, also auch für Belgien verbindliche Gesetzgebung zustande zu bringen und durchzusetzen, die diese archaische Tierschinderei faktisch unmöglich macht.
Der Eupener Schlachthof steht - pars pro toto - als Exempel da, wie in der Europäischen Union mit dem Schächten ohne Betäubung umgegangen wird, wie Religion missbraucht und Recht missachtet wird.

 

Schächten ohne Betäubung

Schächten als Tierquälerei

"Wenn die Schächtung am gefesselten und niedergeworfenen Tier, entsprechend den Vorschriften, durch einen Schnitt mit einem scharfen Messer vorgenommen wird, durchtrennt man zunächst die vordere Halshaut. Dann folgen die vorderen Halsmuskeln, die Luftröhre und die Speiseröhre. Jeder Mediziner oder Anästhesist mit operativer Erfahrung weiß, wie schmerzempfindlich Luftröhre und Speiseröhre sind, besonders aber der betroffene Kehlkopf, deren Verletzung selbst bei tiefer Narkose noch zu schweren reflektorischen Atemstörungen und Kreislaufreaktionen führt. Danach werden die darunter und seitlich liegenden, mit spezifischer Sensitivität ausgestatteten beiden Halsschlagadern durchschnitten, die eine relevante Gesamtreaktion auf Blutdruck und Kreislauf haben. … Daneben werden auch Nervi accessori und der Vagus sowie das gesamte sowie das gesamte Sympathische Nervensystem und die das Zwerchfell motorisch versorgenden Nervi phrenici durchtrennt. Hierdurch kommt es zu einem immobilen Zwerchfellhochstand mit stärkster Beeinträchtigung der Lungenatmung, so dass das Tier neben seinen unerträglichen Schnittschmerzen auch noch Todesangst durch Atemnot erleidet. Diese Atemnot versucht es durch Hyperventilierung des knöchernen Thorax vergeblich zu kompensieren, was weitere Schmerzen verursacht und zu den schmerzhaft-angstvoll aufgerissenen Augen führt.

Durch die angst- und atemnotbedingten verstärkten Atemreaktionen wird das Blut und der aus der Speiseröhre austretende Mageninhalt in die Lungen aspiriert, was zu zusätzlichen schweren Erstickungsanfällen führt. ...

Und das alles bei vollem Bewusstsein des Tieres, weil beim Schächtschnitt die großen, das Gehirn versorgenden Arterien innerhalb der Halswirbelsäule ebenso wie das Rückenmark und die 12 Hirnnerven nicht durchtrennt sind und wegen der knöchernen Ummantelung auch nicht durchtrennt werden können. Diese noch intakten Gefäße versorgen über den an der Basis des Gehirns liegenden Circulus arteriosus weiterhin das ganze Gehirn noch ausreichend, so dass keine Bewusstlosigkeit eintritt. ..." (Dr. med. Werner Hartinger, Chirurg)

Schlimmstenfalls ersticken die Tiere über mehrere Minuten bei vollem Bewusstsein. Dies alles ist ausreichend dokumentiert worden. So zeigen Filmaufnahmen, die im größten koscheren Schlachthaus weltweit (Postville, Iowa) aufgenommen wurden, wie Rinder nach dem Schächtschnitt noch minutenlang gezielte Aufstehversuche machten oder sogar aufstanden und herumliefen, bevor sie Minuten später zusammenbrachen. Andere Filme zeigen u.a. ein Rind, das nach dem Schächtschnitt noch qualvolle Minuten lang versuchte, sich aus der umschließenden Trommel zu befreien.
Demgegenüber verspürt ein Tier bei korrekter Durchführung der Bolzenschuss- oder Elektrobetäubung kaum Schmerzen, da die Empfindungslosigkeit schnell eintritt.

("Schächten" bedeutet lediglich ein Ausblutenlassen des unverletzten Tieres durch Halsschnitt. Hier geht es um das Schächten ohne vorherige Betäubung).

Beim betäubten, also in zeitweilige Ohnmacht versetzten Tier erfolgt das Ausbluten sogar noch intensiver (s. die Dokumentation von Prof. Dr. Nazli von der Veterinärmedizinischen Fakultat der Universität Istanbul). Nach neuesten Forschungen der Bundesanstalt für Fleischforschung verlieren elektrisch betäubte Tiere mit 4,6 % signifikant mehr Blut als die unbetäubten Tiere mit 4,3 %.

Die Bundestierärztekammer, die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz sowie die Federation of Veterinarians of Europe ("Die FVE ist der Meinung, dass das Schlachten von Tieren ohne vorherige Betäubung unter jedweden Umständen inakzeptabel ist") lehnen die Schlachtung ohne vorherige Betäubung als Tierquälerei strikt ab.

Verboten ist sie in der Schweiz, in Norwegen, Schweden, Island und Liechtenstein.

 

"Zwingende religiöse Vorschriften"?

Die von einer Minderheit der Muslime und Juden beanspruchten religiösen Gründe für das Schlachten ohne Betäubung haben in den Offenbarungsschriften ihrer Religionen keinerlei Grundlage. Auf keine Weise ist zu belegen, dass die Tiere vor dem Schlachten nicht betäubt werden dürfen. Und kein einziger Fall ist bekannt, in welchem der Verzehr von Fleisch eines nicht oder mit Betäubung geschächteten Tieres Sanktionen für den Angehörigen der jeweiligen Religionsgemeinschaft nach sich gezogen hätte. Das betäubungslose Schächten ist kein Bestandteil der Religionsausübung, gar des Gottesdienstes (so das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 27.06.2000)
Einen Freibrief für Tierquälerei unter dem Zeichen falsch verstandener oder unbegründeter religiöser Toleranz kann und darf es nicht geben. Schonender Umgang mit dem Tier ist auch in Thora und Koran festgelegt. Keine Religionsgemeinschaft kann oder darf grausamste Tierschinderei als "Religionsfreiheit" einfordern. (Siehe im einzelnen: "Kleiner Guide. Ratgeber und Orientierungshilfe für die Prüfung von Anträgen islamischer und jüdischer Religionsgemeinschaften zur Genehmigung des betäubungslosen Schächtens", Nr. 1-7 (2002-2005), insges. 418 S. Mit zahlreichen Stellungnahmen jüdischer und islamischer Religionswissenschaftler. Bestellung bei: PAKT e.V., Merowingerstr. 88, 40225 Düsseldorf, Fax 0211-9337452; paktev@t-online.de).

 

Rechtspolitische Situation in Deutschland

Laut Tierschutzgesetz § 4a darf ein warmblütiges Tier nur geschlachtet werden, wenn es vor Beginn des Blutentzugs betäubt worden ist. Ausnahmegenehmigungen dürfen nur insoweit erteilt werden, als es erforderlich ist, den Bedürfnissen von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften zu entsprechen, "denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben." Nachdem das sog. Schächturteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15.01.2002 zu Unsicherheiten bei den für die Ausnahmegenehmigungen zuständigen Ämtern geführt hatte, die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel ins Grundgesetz 2002 die Position stärkte, wonach das betäubungslose Schächten kein Bestandteil der Religionsausübung ist, die zuständigen Länderministerien Ende 2002 weitgehend übereinstimmende Erlasse herausgaben, in denen die Voraussetzungen für die Ausnahmegenehmigungen detailliert benannt wurden und dabei so tierschutzorientiert wie möglich vorgegangen wurde, konnte das legale Schächten weitgehend eingegrenzt werden, da, allerdings nach Bundesländern unterschiedlich, alles in allem nur wenige Genehmigungen erteilt wurden. Klagen und Widerklagen bei Verwaltungsgerichten lösten danach einander ab.

In 2005 ist die Entwicklung insofern weitergegangen, als das Land Hessen im Mai einen Änderungsvorschlag zur Neufassung des § 4a des Tierschutzgesetzes in den Bundesrat einbrachte, der u.a. darauf abzielt, ein objektives fachliches Bewertungskriterium in die Ausnahmeregelung einzuführen. So soll künftig gewährleistet sein, dass beim betäubungslosen Schächten, verglichen mit der gesetzmäßigen Schlachtung mit vorheriger Betäubung, nicht zusätzliche erhebliche Schmerzen oder Leiden, insbesondere Ängste auftreten. Letztlich ist dies ein Vorstoß zugunsten der Anwendung der reversiblen Elektro-Kurzzeitbetäubung. Die hessische Initiative liegt zur Zeit (November 2005) noch zur Beratung beim Bundesrat. Das Thema ist auch Gegenstand eines laufenden Verfahrens beim Bundesverwaltungsgericht. Vom Urteil, das wahrscheinlich erst im nächsten Jahr zu erwarten ist, wird eine Signalwirkung für das weitere Gesetzgebungsverfahren im Bundesrat erwartet.
(Vertiefend zur Rechtslage: Tierschutzgesetz. Kommentar. Hg. von Hans-Georg Kluge. Kohlhammer 2002, S. 169 ff.; Tierschutzgesetz. Kommentar von Hirt, Maisack, Moritz. Vahlen 2003, S. 181 ff.)

Bedeutsam ist, dass in Deutschland Integrations- und Ausländerbeiräte sowie maßgebliche türkische Verbände in der Elektro-Kurzzeitbetäubung einen Weg anerkennen, bestimmten religiösen Ansichten Rechnung zu tragen. Wesentlich dazu beigetragen hat die intensive Aufklärungsarbeit der Veterinärämter.

 

Rechtspolitische Situation in Belgien

Das belgische Schlachtrecht fußt auf der EU-Richtlinie 93/119/EG vom 22.12.1993 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Schlachtung oder Tötung, die rituelles Schlachten als Ausnahme von der generellen Betäubungspflicht zulässt, jedoch nur in Schlachthäusern.

Dementsprechend schreibt der Königliche Erlass vom 16. Januar 1998 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Schlachtung oder Tötung vor, dass die Tiere, die zur Schlachtung in Schlachthöfe verbracht werden, vor dem Schlachten zu betäuben sind, ausgenommen Tiere, „bei denen aufgrund bestimmter religiöser Riten besondere Schlachtmethoden angewandt werden.“

Wobei sich aus der Begründung der EU-Richtlinie ergibt, dass ein Verzicht auf Betäubung im konkreten Fall von den religiösen Riten tatsächlich gefordert wird. Schächtwillige haben also einen Nachweis darüber zu erbringen, dass die betäubungslose Schächtung ausschließlich in den Fällen praktiziert wird, in denen ein religiöser Ritus dies zwingend vorschreibt.

Solche Nachweise wurden und werden weder im Eupener Schlachthof bzw. bei der Veterinärbehörde erbracht noch sonstwo in Belgien.

Da der Eupener Schlachthof seine kommerziellen Aktivitäten national und grenzüberschreitend ausrichtet, besteht zudem keine ausreichende Verhältnismäßigkeit zwischen dem Dienst für eine lokale Religionsgemeinschaft und Konsumenten von außerhalb. Fraglich ist ohnehin, ob ein kommerzielles Privatunternehmen Grundsätze der Religionsfreiheit für sich beanspruchen kann.

Eine Anlage zum Erlass vom 23. April 1998 regelt detailliert u.a. die "Anforderungen für das Verbringen und Unterbringen der Tiere in Schlachthöfen", das "Ruhigstellen der Tiere vor dem Betäuben, Schlachten oder Töten", das "Betäuben und Töten von Tieren", das "Entbluten von Tieren".

Ein Vergleich mit im Eupener Schlachthof festgestellten tierquälerischen Praktiken offenbart deren massive und wiederholte Rechtswidrigkeit.

 

Der Eupener Schlachthof

Umwelt-Hygiene-Problematik

Laufende, jahrelange Verstöße gegen Umwelt- und Hygienevorschriften, z.B. den Umgang mit Schlachtabfällen betreffend, wurden von der "Ostbelgischen Bürgerinitiative für Tierschutz" (OBIT) festgestellt und belegt:
allgemeine Mängel in Hygiene und Sauberkeit; keine saubere Trennung von Frischfleisch und gefährlichen Schlachtabfällen (Verladen von Schlachtabfällen im Reinbereich); Lagern und Abholen der Abfälle in offenen Behältern statt in den vorgeschriebenen hermetisch abschließenden Behältern; Verstöße gegen die Betriebs- und Umweltgenehmigung; Druckluftkompressor defekt und ohne Zulassung; Fehlen einer Jauchegrube; unzulässige Lagerung von Panseninhalt in offenen Containern auf dem Hof; Entsorgung von Schlachtabfällen durch nicht zugelassene Transporter; ungeklärte Entsorgung der Häute; Schaf-Schlachtungen ohne eine genaue Darstellung der Schlachtabläufe und Sicherstellung der Abfallentsorgung; Geruchsbelästigungen durch Gülle; ungenügende Abwässerklärung u.a.
Dazu kommen weitere Kontrollergebnisse der Umweltpolizei, ebenfalls aus 2005.

Die Mängel sind derart eklatant, dass sie eine Schließung des Betriebs ohne weiteres rechtfertigen würden. Wobei erst durch monatelange Beobachtungen und hartnäckige Interventionen von Mitgliedern der OBIT die Behörden aktiv wurden. Es bedurfte des seitens der OBIT veranlassten Eingreifens der Umweltpolizei, damit endlich Mißstände abgestellt wurden. Interne Amtswege hatten zu keinen Ergebnissen geführt. Weder die Stadt Eupen noch deren Umweltdienst haben diesen Schlachthof samt Betreiber im Griff.

 

Schächten

Für Eupen und die deutschsprachige Gemeinschaft in Ostbelgien gilt, dass sich die dortigen Politiker zu keinem Zeitpunkt mit dem betäubungslosen Schächten auseinandergesetzt haben, nichts hinterfragten, sondern gedankenlos und unkritisch eine Übergabe an den türkischen Schlachthof-Betreiber erteilten. Seit Betriebsbeginn 2003 wurden sowohl diese Schächtungen als auch normale Schlachtungen durchgeführt. Doch aus sogenannten "organisatorischen Gründen" wurden dann alle Tiere ohne Betäubung geschächtet, obwohl seitens städtischer Vertreter darauf hingewiesen wurde, dass das Schlachten mit vorheriger Betäubung gesetzlich die Regel ist, die fraglichen Schächtungen nur ausnahmsweise erlaubt sind. Nach vorliegenden Informationen hält dieser Zustand an. "Maßgeblich" ist für den Betreiber der "Kundenwunsch". Tatsächlich wurden und werden die Tiere geschächtet, egal ob für Muslime, andersgläubige belgische Abnehmer oder für die Kundschaft im Ausland, ob ein vermeintlicher religiöser Grund vorliegt oder nicht. Ohne noch die Religion zu bemühen, muss als Vorwand die angeblich bessere Fleischqualität herhalten.

Das Problem ist nicht nur das Schlachten ohne Betäubung an sich, sondern auch wie es gehandhabt wird, ohne veterinärmedizinische Kontrollen im Sinne des Tierschutzes. Unwirksame Pseudokontrollen statt dessen.

Zu den skizzierten Übeln des Eupener Betriebs kommen noch die sich wiederholenden Misshandlungen der wehrlosen Schlachttiere hinzu, massive Verstöße gegen das "Gesetz zum Schutz von Schlachttieren": Stockschläge auf die Weichteile wie Augen und Maul, Verdrehen und Quetschen der Schwänze, Treiben schwerverletzter Tiere, Schläge und Tritte. Vorwürfe werden von den Behörden heruntergespielt und verschleppt.

Eupen als pars pro toto: Der Skandal ist, dass in Belgien der Einfachheit und Billigkeit halber alle Schafe und Ziegen ohne Betäubung geschlachtet werden - entgegen belgischem und europäischem Recht (somit auch den vorgeschriebenen gleichen Wettbewerbsbedingungen in der EU zuwiderlaufend). Zumindest noch 2004 wurden laut Aussage des Präsidenten des Bundesverbandes des belgischen Fleisches (FEBEV, Fédération Belge de la Viande) Joris Tiebout vor dem Senat 100 % aller Ziegen und Schafe ohne Betäubung geschächtet. (Lt. GAIA, Animal libre, Herbst 2005). Die Ausnahmen wurden zur weitverbreiteten Praxis. Rechtsstaatlichkeit gilt nicht für Tiere.

Hinzu kommen die illegalen Haus-Schächtungen von Zehntausenden von Tieren zu den jährlichen islamischen Opferfesten, unterstützt durch städtische Verwaltungen, die für die Abfälle auch noch Container bereitstellen.

 

Kennzeichnungspflicht für Fleisch aus betäubungsloser Schlachtung!

Auf private Veranlassung betäubungslos geschächtetes Fleisch dürfte selbst nach der unbefriedigenden belgischen Rechtslage nur von Leuten verbraucht werden, die der, wenn auch irrigen, religiösen Ansicht sind, nur solches Fleisch verzehren zu dürfen (strikter Eigenverbrauch). Oft wird es aber auf dem muslimischen Markt veräußert, d.h. auch an Muslime, die auch oder ausschließlich das Fleisch vorher betäubter, wenngleich geschächteter Tiere essen (würden). Und in der "Jüdischen Allgemeinen" vom 8.9.2005 wird berichtet: "Viele Tiere, die geschächtet werden, bestehen die zusätzlichen strengen Kontrollen nicht, die nötig sind, damit Fleisch auch als koscher deklariert werden kann. Sowohl Fleisch, das diese zusätzlichen Kriterien nicht erfüllt, als auch die Hinterviertel geschlachteter Tiere - die nur schwierig koscher zu machen sind - werden an nichtjüdische Fleischereien verkauft. Die Kennzeichnung als Fleisch, das nach religiösen Vorschriften geschlachtet wurde, würde die Verbraucher darüber informieren, dass das Tier für den jüdischen Verbrauch vorgesehen war." Und: Laut Auskunft der Veterinärinspektion Lüttich an das Eupener "Grenz-Echo" (16.07.05) ist es nicht ausgeschlossen, dass betäubungslos geschächtetes Fleisch "auch auf unserem Teller landet." Gesetzlich verboten ist es nicht.

(Wie) weiß der Verbraucher an Ladentheke/Restaurant/Schnellimbiss, wann man ihm Fleisch aus einer betäubungslosen Schlachtung (in der Regel Schächtung) verkauft? Muslime gönnen sich eine Kennzeichnung mit einem "Halal"-Stempel. Die weitaus meisten Deutschen lehnen das betäubungslose Schächten ab, werden aber ungewollt "Mittäter". Natürlich gilt dies auch für Folgeprodukte wie der Döner.

Muslime verwenden das ganze Tier. Gläubige Juden hingegen sehen nur den vorderen Teil des Körpers als koscher an. Wohin geht aber nun der hintere Teil? In den offenen Vertrieb und Verkauf, in die weitere Verarbeitung für nichtsahnende Bürger? Also Kennzeichnung für alle Verbraucher von Fleisch aus betäubungsloser Schlachtung sowie für all die, die bewusst kein solches Fleisch essen möchten. Und zwar EU-weit.

In der Schweiz hält die Wissenschaftskommission des Nationalrats an einer Deklarationspflicht für Nahrungsmittel tierischer Herkunft fest. Dies sei zwar in der Praxis schwer umzusetzen, doch entspreche sie dem Wunsch der Konsumenten. Gleichfalls solle die Missachtung der Würde der Tiere unter Strafe gestellt werden.

Prof. Dr. Jörg Luy von der Freien Universität Berlin, Fachbereich Veterinärmedizin, schreibt dazu: "Ihre Forderung, das Fleisch geschächteter Tiere für den Verbraucher kenntlich zu machen, ist plausibel und verdient Unterstützung. … Doch mehr Ethik gibt es nicht zum Nulltarif. Erst wenn es gelingt, auch bei Fleischprodukten die Prozessqualität zur kaufentscheidenden Größe aufzuwerten, wird man das Problem lösen können. Die auf einem leicht verständlichen Schema basierende Kennzeichnungspflicht, wie sie bei Eiern schon praktiziert wird, ist daher das Modell der Zukunft." (Schreiben an PAKT, 2005)

Die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. schreibt: "Wir stimmen Ihnen (PAKT) zu, dass die Frage, ob die Tiere (betäubungslos) geschächtet wurden oder nicht, auf eine religiöse ethische Produktqualität hinweist, die nach Möglichkeit gekennzeichnet werden sollte!"

Das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin teilt mit: "Die von Ihnen geforderte Kennzeichnung des Fleisches, welches von unbetäubt geschlachteten Tieren stammt, würden wir prinzipiell begrüßen. Sie war schon seinerzeit bei der Vorbereitung der Richtlinie 93/119/EG, in der Anforderungen an das tierschutzgerechte Schlachten und Töten landwirtschaftlicher Nutztiere gestellt werden, im Gespräch."

Nach der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz hatte sich auch die Bundestierärztekammer 2004 an das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, die Länderarbeitsgemeinschaft Gesundheitlicher Verbraucherschutz und den Deutschen Tierschutzbund gewandt mit dem Vorschlag, Fleisch und Fleischerzeugnisse aus betäubungsloser Schlachtung künftig zu kennzeichnen. Damit werde der Tierschutz gefördert, ohne die Religionsfreiheit einzuschränken.

Bis die tierschutzgerechte Betäubung in der EU obligatorisch ist, sollte wenigstens die Kennzeichnungspflicht für Fleisch aus betäubungsloser Schlachtung EU-weit eingeführt werden. Wobei die Elektro-Kurzzeitbetäubung von Tierschutzseite aus ein Kompromiss, ein Zugeständnis ist, eine Betäubung zweiter Wahl, da sie oft nur vorgetäuscht oder unfachmännisch ausgeführt wird.

 

Dokumentation "Der Kleine Guide für den europäischen Raum - Teil 8. Der Eupener Schlachthof. Chronik eines Skandals." Selbstverlag PAKT e.V., 58 S., Düsseldorf Nov. 2005

 

 

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