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Aktuelle Einführung in die Probleme und Erfordernisse der Tierversuche

 

PAKT vertritt, ethisch und methodenkritisch begründet, als Fernziel die Abschaffung sämtlicher Tierversuche. Auf dem Weg dahin sind allerdings viele Zwischenschritte erforderlich. Dazu gehören neben der verstärkten Förderung der Alternativmethoden die Kürzung und schließlich Abschaffung der finanziellen Förderung der tierexperimentellen Forschung seitens der Bundesregierung. Auf Bundesebene muss die Zentralstelle für die Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch ZEBET im Bundesinstitut für Risikobewertung personell besser besetzt und finanziell besser ausgestattet werden.

Die Ereignisse bei der Firma Covance in Münster haben erneut deutlich gemacht, wie groß der Handlungsbedarf ist und dass in sämtlichen Tierversuchslabors Videokameras zu installieren sind. Die Versuche mit Affen sind schnellstmöglich zu verbieten.

Nach Aufnahme des Staatsziels Tierschutz ist klargestellt, dass die Genehmigungsbehörden im Zuge der Bearbeitung eines Genehmigungsantrags ihrem inhaltlichen Prüfauftrag nachkommen können. Damit sich nach der Änderung des Grundgesetzes eine neue Rechtspraxis und Rechtskultur entwickeln können, obliegt den Genehmigungsbehörden nun eine zentrale Funktion. Sie müssen ihrem inhaltlichen Prüfauftrag bezüglich der Unerlässlichkeit, ethischen Vertretbarkeit etc. der beantragten Versuche wesentlich stärker in rechtlich verbindlichen Verfahren nachgehen als bisher. Hierfür ist die personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung der Behörden sicherzustellen. Die §15-Kommissionen sind paritätisch zu besetzen (Tierschutzverbände schlagen die Hälfte der Kommissionsmitglieder vor). Die Arbeitsweisen der Kommissionen sind bundesweit zu vereinheitlichen, indem beispielsweise eine Mustergeschäftsordnung mit konkreten Vorgaben zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Kommissionen erstellt wird.

Auf EU-Ebene werden "Altchemikalien", die vor 1981 auf dem Markt waren, einer nachträglichen Sicherheitsprüfung und Risikobewertung unterzogen. Nach Angaben der Kommission sollen dafür bis 2020 bis zu 10 Millionen Versuchstiere geopfert werden (Fische und Wirbellose nicht gerechnet). Zahlreiche Stellungnahmen aus dem In- und Ausland haben dargelegt, dass das Altchemikalien-Vorhaben ohne Tierversuche durchgeführt werden kann, und zwar nicht "nur" aus ethischen Gründen, sondern weil, wie die Erfahrungen belegen, Tierversuche ungeeignet sind, die Schädlichkeit von Chemikalien für Mensch und Umwelt sicher und kostengünstig zu beurteilen, im Gegensatz zu inzwischen entwickelten (und noch weiter zu entwickelnden) tierversuchsfreien Testverfahren. Gerade die Langzeitauswirkungen der diversen Chemikalien in der Umwelt lassen sich mit Tierversuchen am wenigsten feststellen, weil sie als Momentaufnahme für das lange Zeitfenster nicht zuverlässig aussagekräftig sind.

Als vordringlicher Schritt sind zunächst sämtliche bereits vorhandenen Informationsquellen (auch solche von außerhalb der EU) auszuschöpfen. Alle existierenden Daten sind zwingend zugänglich zu machen, offenzulegen und verpflichtend gemeinsam zu nutzen, so dass sich erneute Tests erübrigen. Es ist sicherzustellen, dass keine Bestimmung des Entwurfs der Kommission im Widerspruch zum Artikel 8 des deutschen Tierschutzgesetzes (Genehmigungsvoraussetzungen und Beschränkungen für Tierversuche) steht, auch nicht im Widerspruch zum § 20a des deutschen Chemikaliengesetzes (Verwendung von Prüfnachweisen eines Dritten, Voranfragepflicht), der Mehrfachversuche ausschließt.

Nachdrücklich ist an die bedauerliche Tatsache zu erinnern, dass die Zahl der Tierversuche auch in Deutschland seit 2001 zugenommen hat. Die am 15.11.2006 vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz herausgegebenen Tierversuchszahlen zeigen einen erneuten Anstieg: von 2,2 Millionen getöteten Tieren im Vorjahr auf 2,4 Millionen in 2005. Dies entspricht einer Steigerung um 6,5 Prozent beziehungsweise 147.189 Tieren. 2,6 Millionen Tiere wurden 2007 für vermeintlich wissenschaftliche Zwecke verwendet und getötet (die für Zwecke der Ausbildung an den naturwissenschaftlichen Fakultäten gebrauchten Tiere nicht mitberechnet). Das ist das letzte Jahr, für das die Statistik des BMELV vorliegt. Es sind gut 90.000 Tiere mehr als im Vorjahr. Darunter sind 100.000 Vögel und 2.000 Affen. 2004 waren es 2,2 Millionen.

In den Forschungs- und Testlabors der EU leiden und sterben jedes Jahr über 12 Millionen Tiere. Zu der angekündigten Revision der völlig veralteten Tierversuchsrichtlinie 86/609 ist es noch immer nicht gekommen, nicht einmal zu einem Verbot der Verwendung Großer Menschenaffen in Versuchen.

Die EU-Kosmetikrichtlinie bedeutet keineswegs, dass die Tierversuche in der Kosmetikindustrie beendet werden, denn bis zu 90 % der Substanzen, die in Kosmetika eingesetzt werden, werden auch in anderen Bereichen verwendet, unterliegen also den gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuchen. Nur Substanzen, die ausschließlich in Kosmetikerzeugnissen verwendet werden, brauchen nach dem 13. März 2013 nicht mehr mittels Tierversuchen geprüft werden.

Das EU-Parlament hat am 5. Mai 2009 in erster Lesung über Änderungen zur EU-Tierversuchsrichtlinie abgestimmt. Vorausgegangen war ein Entwurf der EU-Kommission, der gegenüber der bislang geltenden Richtlinie 86/609 zum Schutz von Versuchstieren eine deutliche Verbesserung darstellte, trotz etlicher Defizite: So ist keine EU-weite Datenbank zur Vermeidung einer unnötigen doppelten oder mehrfachen Durchführung von Tierversuchen vorgesehen. Auch die Option, alle Projekte, bei denen Versuchstiere eingesetzt werden, einer rückwirkenden Bewertung zu unterziehen, wurde verworfen, ebenso auch ein weitreichendes Verbot von Tierversuchen an Primaten. Positiv ist jedoch u.a. die vorgesehene Einführung einer Genehmigungspflicht für alle Projekte, bei denen Wirbeltiere, Kopffüßler oder Zehfußkrebse zu Versuchs- oder anderen wissenschaftlichen Zwecken verwendet werden.

Zu diesem Entwurf hatte jedoch bereits der Agrarausschuss des EU-Parlaments tierschutzfeindliche Beschluss-Empfehlungen abgegeben. Viele dieser Vorschläge wurden mit dem Votum des Parlaments angenommen. Nach dieser Beschlusslage bleiben Tierversuche mit schweren Leiden erlaubt, selbst solche ohne Schmerzausschaltung. Auch Affen  dürfen weiterhin in allen Bereichen eingesetzt werden, eine generelle rückwirkende Bewertung der Versuchsergebnisse soll nicht erfolgen. Die letzte Entscheidung muss noch der Ministerrat der EU fällen. Ob und inwieweit er dem Beschluss des Parlaments folgt, ist offen.

(=> PAKT "Ethische Gründe gegen Tierversuche"; "Genmanipulation von Tieren und die Würde der Kreatur")

 

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